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Im Ahornland
Standort Montréal
Im Lande des Ahorns gibt es im Februar nicht viel Ahorn.
Jedenfalls keinen frischen. In der Stadt sowieso nicht.
Frost und Schnee halten das Land fest im Griff.
Der schöne Sonnenschein kann nicht über die zweistelligen Minusgrade hinwegtäuschen.
Das ist Montréal, gesehen von einer Brücke aus. Im Vordergrund flieβt der St.Lorenz-Strom.
Alles ist so groβ und weit, völlig grenzenlos im Vergleich zu Europa, in der Breite wie in der Höhe,
wenn auch nicht immer in der Tiefe.
Gut, dass da der Weg ordentlich eingezäunt ist.
Es liegt auch Schnee. Nicht eben wenig. Feines Pulver, zuunterst dunkles Eis. Aber es ist nicht wie in Deutschland, wo er plötzlich
kommt und genauso plötzlich wieder verschwindet. Er liegt einfach da, keinen interessiert er,
wie ein Stein oder wie ein Stück Rasen, wie der Sand am Strand oder die Blätter im Sommer. Er dürfte gar nicht nicht da sein,
das wäre schlicht nicht denkbar. Groβe Haufen liegen in der Stadt, aber neben den
riesigen Häusern fallen sie nicht weiter auf. Mit nordamerikanischem Pragmatismus geht das Leben
unaufgeregt und professionell weiter.
Ich vermute, der gesellschaftliche Konsens ist in dieser Welt stäer ausgeprägt als in Deutschland.
Bevor in einer Straβe der Schnee gerämt wird, stellt man Parkverbotsschilder auf. Wenn der Schneeräumer
kommt und noch Autos im Weg stehen, beginnt der Schneerämer für etwa drei Minuten zu hupen. Das soll die Vergeβlichen
warnen. Dann wird abgeschleppt. Man beglückwünscht
sich auch relativ häufig, vor allem beim Sport, in einer Intensität,
die mir kokainistisch vorkommt, aber gute Laune macht.
Mit dem gesellschaftlichen Konsens geht einher, dass man sich bereitwillig in Hierarchien einfügt,
d.h. z.B. wird Reichtum weniger geneidet als in Deutschland. Wer viel leisten will, wird auch reich und erfolgreich, denkt und fühlt man.
So ein Denken ist natürlich prima für faschistoide Umtriebe geeignet. Glücklicherweise
ist zumindest Montréal so tolerant, bunt und einwanderungsfreundlich, dass derlei eher unwahrscheinlich erscheint.
Das einzige wirklich überschaubare in Montréal ist die U-Bahn.
Dieser Ort ist, so vermute ich zumindest, den Meisten auch eher unheimlich.
Daher gibt es dort Knöpfe, auf die man drücken kann,
bei aller Art Unbill. Neben diesen Knöpfen hängt eine nonverbale Auflistung der Bedarfsfälle.
Ich frage mich, ob man nur drücken darf, wenn man verprügelt wird oder auch,
wenn man sich gerade selbst dabei ertappt, jemandem auf die Mütze zu geben. Und vor allem, was nach dem Drücken passiert.
Kommen dann acht "Bodyguards" aus der Wand und alles wird gut? Oder Supermann ?
Überhaupt gefallen mir die Piktogramme hier. Dieses zum Beispiel.
Ohne das kleine Wort "Rubbermaid" ("Schrubbmagd ?!?") könnte das Schild auch auf dem Oktoberfest stehen.
Leider fehlt in der internationalen Auflistung das "OBACHT!".
Montréal wimmelt vor Kunst.
Und abgefahrener Architektur.
Und natürlich Eis, in Kombination mit abgefahrener Architektur.
Vor allem aber, wohin man auch schaut, Eis. Darauf kann man herumschlittern und verdutzt
über die Weite und den merkwürdig subtilen Kontrast zu Europa seine Bahnen ziehen.
Der Hintergrund ist aus Eisschollen des St. Lorentzstroms gemacht, übrigens.
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